Es gibt viele Menschen, die von mir behaupten, dass ich ein erhöhtes Mitteilungsbedürfnis habe.
Ja, ich rede viel und zu einem geringen Teil des Tages sind bei diesem Vorgang andere Menschen bei mir und denken, dass ich mit ihnen rede bzw. sage ich das, was ich sagen möchte, den Menschen, die grade da sind. Ich habe das Gefühl, dass an einem Tag in meinem Leben so viel passiert, dass ich und mein Gehirn das nicht verarbeiten können. Ich sehe, höre, rieche, schmecke, fühle jeden Moment so viele Dinge. Ich denke ununterbrochen, jeder Gedanke führt in den nächsten. Ich kann all diese Dinge nicht verarbeiten.
Deshalb spreche ich alles vor mir her und erzähle alles, was mir passiert und was zu tun ist. Es gibt in meinem Leben aktuell nichts, was unausgesprochen bleibt. Ich spreche alles aus, was mir in den Sinn kommt. Alle Situationen, die mir passieren, gehen mir nicht mehr aus dem Kopf, ob sie noch so klein sind. Ich möchte am liebsten alles erzählen, jetzt grade in diesem Moment.
Dieser Tag war in meinen Augen sehr lustig und voller lustiger Zufälle. Am liebsten würde ich alles davon erzählen. Während ich das alles erzähle, bin ich super glücklich und voller Elan. Nur glaube ich, dass andere nicht nachvollziehen können, was dieser Tag in mir auslöst. Ich bin super aufgekratzt, könnte alles überall hinausschreien.
Aber ich möchte auch weinen. Weinen, weil ich so viel Leid sehe, weil irgendwie alles nicht richtig ist, weil alles zu viel ist, weil ich grade zu viele Aufgaben auf einmal habe… Aber ich kann nichts an der aktuellen Situation ändern. Ich mache jeden Tag mehr Fehler, vergesse mehr Sachen und bin sehr tollpatschig. Ich lasse Dinge fallen, sage die falschen Dinge und fahre an die falschen Orte, weil ich sie verwechsele.
Ich funktioniere nicht mehr. Ich, mein Körper und meine Fassade bröckeln. Ich breche wieder.
Ich verspüre so viel Angst, wie schon lange nicht mehr und das vor allem. Alles, was ich erlebe wirkt viel intensiver als ohnehin. Ich spüre meinen Blutdruck, der mittlerweile zu hoch ist, aufgrund von Stress.
Morgen steht etwas an, was ich über mehrere Monate aufgeschoben habe, aus gutem Grund. Es macht mir Angst… panische Angst. Es erinnert mich an Dinge, die ich aktuell durch den Stress erfolgreich verdränge.
Ich rede, um mich selbst zu schützen, um nicht komplett zu zerbrechen. Ich rede und denke, um nicht an andere gewisse Dinge zu denken. Es hilft mir zu funktionieren, zu überleben.
Deshalb überfluten mich alle meine Emotionen und Gedanken. Besser, als die Emotionen zu fühlen, die eigentlich in mir brodeln. Um ehrlich zu sein, brodelt unendlich viel Schmerz in mir. Ich bin so müde davon zu reden und zu lächeln und zu lachen. Aber wenn ich diesen Schmerz zulasse, breche ich… aber ich kann das grade nicht zulassen. Also rede ich.
Also bitte nenne das nicht ein erhöhtes Mitteilungsbedürfnis. Es geht mir nicht darum es dir zu erzählen. Ich erzähle es mir, um mich zu schützen und um nicht an dem Schmerz zu zerbrechen.
Das einzige, was mir aktuell noch Kraft gibt, ist die Gewissheit, dass es bald anders sein wird und ich dann endlich aufhören kann zu reden…